Mark Twain und Amy O´Brian

Ein Treffen, das Funken schlägt

Im schummrigen Licht einer Gaslaterne, irgendwo in einer New Yorker Hafenkneipe, sitzt ein Mann mit markantem Schnurrbart. Zwischen den Fingern hält er lässig eine Zigarre. Mark Twain der scharfzüngige Geschichtenerzähler des jungen Amerikas – ist in seinem Element. Seine Worte fließen wie der Mississippi, der in Twains Vorstellung Huckleberry Finn und Tom Sawyer mit sich trägt. »Ein Junge, frei wie der Wind«, erklärt Twain zu seinem in Arbeit befindlichen Werk über Huck Finn. Seine Augen blitzen unter buschigen Brauen hervor. »Ein Floß auf dem Fluss, fernab von all den lächerlichen Zwängen der Zivilisation.« Entgegen seinen Erwartungen lächelt ihn die ihm gegenüber sitzende Frau freundlich an.

Amy O’Brian’s Worte durchbrechen die bisher angespannte Stille, wie ein sanfter Regen, der auf trockenen Boden trifft. »Aber mein lieber Mark, ist Freiheit nicht immer auch ein Spiegel der Wahrheit? Und die Wahrheit – ist das nicht das eigentliche Abenteuer?«


Amy O’Brian: Eine Stimme, die berührt

Amy, die in Twains Augen immer ein wenig reserviert wirkt, bringt ihre Gedanken in einer Sprache vor, die auch ihn begeistert. Ihre eigenen Geschichten sind voller Seele. Besonders  jene, die von der einzigartigen Reise inspiriert sind, die sie kürzlich mit ihrem Mann Gideon „Two Feathers“ quer durch Amerika unternommen hatte. Unter anderem auch nach Kalifornien, wo sie auf die Spuren des Goldrauschs und jener Menschen trafen, die ihn miterlebten. Mit all den grausamen Erlebnissen, die daraus erwuchsen.

Amy fühlt eine tiefe Verbindung zum Schriftsteller Twain, da sie – ebenso wie er – dafür kämpft, Zeiten und Kulturen zu verbinden. Sie ist überzeugt davon, dass es möglich ist, mit Literatur eine Brücke zu bauen. Eine Verbindung zu erschaffen zwischen den Ufern der Gesellschaften, um damit jenen Menschen Gehör zu geben, deren Unabhängigkeit, Natur und Stimmen weiterhin unterdrückt werden. Die Atmosphäre im Raum verändert sich. Twains markante Stimme, die sonst oft den Raum dominiert, ist für einen Moment leise, um dann mit einem herzhaften Lachen zu verkünden: »Amy O’Brian, ich würde mit Dir überall hinfahren, sei es den Mississippi hinunter oder über die Felder Deiner grünen Insel.«

Leseprobe:

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»Ich werde dich besuchen, Amy«, sagte er. »Im kommenden Jahr werde ich erneut nach Europa reisen und, wenn es mir gelingt, auch zu dir. Dein Land hat mich schon immer fasziniert, mit seinen mystischen Geschichten von Druiden und Hügelgräbern, den wildromantischen Erzählungen von geheimnisvollen Frauen in versteckt gelegenen Klöstern und den vor Wikingern in Sicherheit gebrachten Schatztruhen. «Du wirst in ein totes Land kommen, Mark«, sagte sie traurig in sein vor Begeisterung strahlendes Gesicht. »Auch wenn meine Erfahrungen zwanzig Jahre zurückliegen, denke ich nicht, dass es heute anders ist.« »Vielleicht aber doch, sei einfach zuversichtlich. Und wenn es dennoch so ist, nehme ich dich einfach wieder mit.«

Mehrmals schüttelte sie den Kopf und vermied es, ihm dabei in die Augen zu schauen. »Ich mache mir keine Illusionen, Mark, aber wir werden es sehen, wenn du tatsächlich vor mir stehen solltest. Doch kannst du gewiss sein, dass ich nie mehr irgendwohin mitgenommen werden will. Wo wirst du denn überall hinreisen?«, fragte sie, und indem er sich selbstüberzeugt die Daumen unter seine Hosenträger schob, lehnte er sich zurück. »Zunächst wohl in Richtung Deutschland«, erklärte er. »Nach Hamburg, Berlin, Frankfurt und vielleicht in den Schwarzwald. Und nach Heidelberg, das ebenso geheimnisvoll zu sein scheint wie die Stätten deiner Heimat, Amy. Mit einer Schlossruine, die mit ihren leeren Fensterbögen, efeugepanzerten Zinnen und zerbröckelten Türmen von Stürmen gepeitscht noch immer von königlicher Schönheit sein soll. Ich möchte dir ein Geschenk machen«, sagte er und sein Gesichtsausdruck legte dabei eine seltsame Mischung aus Stolz und Melancholie an den Tag.

Stumm und mit leicht zitternden Händen ergriff Amy das ihr hingehaltene Buch. »Die Abenteuer des Tom Sawyer«, las sie vor und lächelte ihn an. »Du hast es also geschafft?«»Ja«, erwiderte er, indem seine Miene sich entspannte. »Es ist seit wenigen Tagen veröffentlicht und schon gleich hat es Proteste gegeben.«»Aha, und welche?« »Nun, angeblich soll das Buch in den amerikanischen Schulen verboten werden, da der Held ein schlechtes Vorbild für Kinder und Jugendliche sei.« »Das … das ist … unerhört.« »Ja, aber mit dem, was das Unerhörte in der Öffentlichkeit angeht, hast du ja selbst deine Erfahrungen.« Zustimmend nickte Amy wobei sie tief ein und ausatmete. 

»Ich denke, mein gerade im Entstehen begriffenes Werk ‘Die Abenteuer des Huckleberry Finn’ brauche ich gar nicht erst herauszubringen«, fuhr er fort. Maßgeblich von seiner Nachbarin und ihrer antirassistischen Einstellung inspiriert, hatte Mark Twain damit begonnen, die Geschichte seines Helden Huck Finn aufzuschreiben. Eines Jungen, der das Herz am richtigen Fleck hatte, nichts auf die angepasste Meinung anderer gab und am liebsten nur das tat, was ihm gerade in den Sinn kam. Womit Mark gleichzeitig seine Haltung gegenüber Rassismus und Sklaverei deutlich machen wollte: Ein Halbwaise namens Huck und ein schwarzer Sklave auf der Suche nach einem besseren, menschenwürdigeren Leben. »Besonders liegt mir am Herzen, dass die beiden Freunde werden«, sagte er, während Amy durch die Seiten ‘Tom Sawyers’ blätterte. »In einem Land, in dem es alles andere als normal ist, dass weiße und schwarze Menschen befreundet sind.« Behutsam klappte Amy das Buch zu und legte es auf den Tisch. »Irgendwann wird deine Botschaft verstanden werden. Für beide Bücher. Auch das Nächste um Huckleberry Finn wird erscheinen müssen, Mark, da sie beide eines Tages so etwas wie Klassiker sein werden.«

Gespräche, die bleiben

Die vorangegangenen Gespräche sind fiktiv, sie haben so nie stattgefunden, doch Begegnungen wie diese hätten durchaus geschehen können. Indem sie eine beeindruckende Zeit widerspiegeln, bauen sie eine interessant erdachte Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

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Fotos/Abbildungen: Canva, Lehmann Autorenpaar

 

 

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